NICHTS TUN

„In meiner Kindheit ging ich oft früh am Morgen zum Fluß. Es ist ein kleines Dorf.
Der Fluß ist sehr, sehr träge, fast fließt er überhaupt nicht.
Und am frühen Morgen, wenn die Sonne noch nicht aufgegangen ist,
kann man nicht erkennen, ob er überhaupt fließt, so träge und still ist er.

Am Morgen, wenn noch niemand da ist,
wenn noch kein Mensch zum Baden gekommen ist, herrscht eine ungeheure Stille.
Selbst die Vögel haben noch nicht ihr Morgenlied angestimmt –
so früh, dass noch kein Laut die Lautlosigkeit stört, die alles durchdringt.
Und der Duft der Mango-Bäume hängt über dem Fluß.

Dort ging ich oft hin, an die entfernteste Biegung des Flusses, nur um dort zu sein.
Es gab nichts zu tun, einfach da zu sein war genug, es war ein so herrliches Erlebnis.
Dann stieg ich jedesmal in den Fluss, schwamm eine zeitlang, und wenn dann die Sonne aufging,
stieg ich ans andere Ufer, legte mich dort auf den breiten Sandstrand und ließ mich von der Sonne trocknen.

Dann blieb ich dort liegen, und manchmal schlief ich sogar ein.
Als meine Mutter mich fragte, was ich während des ganzen Morgens getrieben habe, sagte ich immer: „Gar nichts.“
Damit nicht zufrieden, bohrte sie immer weiter.
Meine Mutter bestand darauf, dass er irgendetwas getan haben musste.

Sie sagte dann: „Wie ist das nur möglich?
Vier Stunden warst du fort, und du willst gar nichts getan haben?“
Und natürlich hatte sie recht, aber ich hatte darum nicht unrecht.
Ich hatte nichts Besonderes getan.

Ich war nur am Fluss gewesen, in seiner Gesellschaft, ohne etwas zu tun, und hatte die Dinge geschehen lassen.
Wenn es sich nach Schwimmen anfühlte – dann schwamm ich,
aber das war kein eigentliches Tun meinerseits, ich brauchte nicht meinen Willen einzuschalten.
Wenn ich ,ich nach Schlaf fühlte, schlief ich.

Dinge geschahen, aber ich war nicht der, der sie tat.
Und mein erstes Satori-Erlebnis begann an diesem Fluss.
Ohne dass ich etwas tat, nur indem ich da war, geschahen tausend Dinge.

Aber meine Mutter bestand darauf, dass ich etwas getan haben musste.
Und so sagte ich: „Okay, ich war baden und hinterher habe ich mich in der Sonne trocknen lassen.“
Und damit war sie zufrieden, ich aber nicht: denn das, was da am Fluss geschehen war, ließ sich nicht mit den Worten ausdrücken:

„Ich war baden.“ Das machte es so arm und blass!“

Osho Bhagwan Shree Rajneesh: Der Erwachte

 

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