FREUDE ist für mich immer ein SEGEN. Deshalb habe ich für unseren Kalender einen Text von David Whyte ausgewählt. Ich liebe seine Poesie und seine Texte sehr.
Die beiden Fotos zeigen die Aussicht von meinem Wohnzimmer-Fenster, die mich immer mit Freude und Dankbarkeit erfüllt. Seit gestern ist der Schafhirte mit seinen beiden Eseln, den Hunden und der Schafherde vor meinem Fenster zu sehen. Jedes Jahr kommt der Schafhirte mit seiner Herde vorbei. Seit vielen Jahren. Und jedes Mal, jedes Jahr fühle ich mich gesegnet, Zeugin dieser Tradition zu sein, die so viel mit Weihnachten zu tun hat.
In solchen Momenten fühle ich sehr viel Freude in meinem Herzen und den Segen, so reich beschenkt zu sein.
Ich wünsche euch allen Freude, Stille und Segen in diesen besonderen Tagen.
Herzlich und in Verbundenheit
Katja ❤️
ist ein Treffpunkt von tiefer Internationalität und von Selbstvergessenheit, die körperliche Alchemie dessen, was in uns liegt, in Verbundenheit mit dem, was zuvor aussen zu sein schien, was jetzt aber weder das eine noch das andere ist. Sie ist vielmehr ein lebendiger Grenzbereich geworden, eine Stimme, die zwischen uns und der Welt spricht: Tanz, Lachen, Zärtlichkeit, Haut in Berührung mit Haut, Singen im Auto, Musik in der Küche, die stille, unersetzliche und kameradschaftliche Gegenwart einer Tochter. Freude ist die reine berauschende Schönheit der Welt, die wir als eine Schwelle zwischen dem, was wir zuvor für uns gehalten haben, und dem, wovon wir glaubten, es sei radikal anders als wir, bewohnen.
Freude kann durch Übung und hart erkämpfte Leistung ebenso entstehen wie durch einen unvorhergesehenen, vorübergehenden Akt von Gnade aus heiterem Himmel. Freude ist zu unserer Bestürzung ein Mass für unsere Beziehung zum Tod und unser Leben mit dem Tod. Freude ist der Akt, uns selbst zu verschenken, bevor wir es tun müssen oder darum geben werden. Freude ist praktizierende Grosszügigkeit.
Wenn die Freude eine tiefe Form von beständiger Liebe ist, ist sie auch die rohe Auseinandersetzung mit der jahreszeitlichen Vergänglichkeit des Daseins, die als Geschenk verstandene flüchtige Präsenz jener, die wir lieben. Sie ist das, was ist und nie wieder so sein wird, wie es in unser Leben eintritt und wieder hinausgeht: Gesichter, Stimmen, Erinnerungen, Aromen des ersten Frühlingstags oder eines Holzfeuers im Winter, der letzte Atemzug eines sterbenden Elternteils, wie sie in unserer Erinnerung aufbewahrt werden und einen seltenen, rohen, wunderbaren Grenzbereich bilden zwischen liebender Gegenwart und einer aufblühenden Abwesenheit.
Eine vollkommene und uneingeschränkte Freude zu empfinden, bedeutet, voll und ganz grosszügig zu werden. Sich zu erlauben, fröhlich zu sein, bedeutet, durch das Tor der Angst durchgegangen zu sein, das Wegfallen des ängstlichen sorgenvollen Ichs als einen dankbaren Tod zu empfinden, ein Verschwinden, ein Wegschenken, das im Lachen von Freundschaft anklingt. Es bedeutet, die Verletzlichkeit des Glückzustands und die Verletzlichkeit seines drohenden Verlustes unverhofft als eine Stärke zu erfahren, als einen Trost und eine Quelle: das Einnehmen unseres Platzes im lebendigen Gespräch, das pure Privileg, sich in der Präsenz eines Berges, des Himmels oder eines geliebten vertrauten Gesichts zu befinden. Ich war hier und der warst hier und zusammen haben wir eine Welt erschaffen.
von David Whyte, aus dem Buch „ZUWENDUNGEN. Das geheime Leben alltäglicher Wörter“