JÜRGEN

Heart-Sangha-Adventskalender 2023 - Vertrauen

Als ich das Thema las – Vertrauen -, dachte ich, frei nach Otto: Jaooo, da ist es wieder, mein Problem! Ich darf mich mal wieder beschäftigen mit den Fragen: Warum möchte ich so gerne die Kontrolle über möglichst alles behalten, warum neige ich zu diesem Perfektionismus, der mir das Leben oft so schwer macht und das Loslassen im Besonderen? Warum fällt es mir nicht leicht, die Dinge einfach auf mich zukommen zu lassen und sie so anzunehmen, wie sie sind?

Und darauf zu vertrauen, dass das Leben es mit mir auch weiterhin so gut meinen wird wie bisher?

Ich bewundere Menschen, die nur ein paar Sachen in den Rucksack packen, die Haustüre hinter sich schließen und mit nur wenig Geld in die Welt ziehen, im Vertrauen darauf, dass sich alles fügen wird, dass sie zur rechten Zeit am rechten Ort ein Dach über dem Kopf haben werden (oder einen sternenklaren Himmel), genug zu essen und bei Bedarf die richtigen Leute, die ihnen gegebenenfalls aus der Patsche helfen. Ich durfte neulich einem Zen-Bettelmönch, einem ehemaligen Vietnamveteranen, zuhören, wie er erzählte, dass er Tausende von Kilometern durch die Welt gelaufen (!) sei, ohne Habseligkeiten (naja, ich glaube, ein Handy hatte er zuletzt dann doch dabei), ohne Geld und nur mit dem Vertrauen – auf wen oder was? Aufs Leben? Ich könnte das nicht. Könnte ich??

Woher kann dieses Vertrauen kommen?

Mir schießt wieder mal das Wort „Urvertrauen“ durch den Kopf. Fehlt es mir oder wenigstens ein bisschen? Was ist denn überhaupt gemeint mit dem Wort „Urvertrauen“?

Es mag wenig darüber im Internet zu finden sein, aber es gibt ja auch noch diese analogen Wissensdatenbanken, genannt Bücher. Von denen habe ich ein paar aus der Zeit meines Selbststudiums im Fach Küchenpsychologie im Regal, und was lese ich da?

Die Wissenschaft ist sich wohl darüber einig, dass sich unser Urvertrauen in uns selbst und in die Welt während der ersten zwei Lebensjahre ausbildet. Diese Prägung ist nicht umkehrbar: Was wir in den ersten zwei Lebensjahren erfahren, kann im Erwachsenenalter nicht mehr gelöscht werden. Natürlich gilt das auch für das Ur-Misstrauen. Wenn ein kleines Kind wiederholt die Erfahrung macht, dass seine Bedürfnisse nach Nähe und Geborgenheit von seinen Eltern nicht erfüllt werden, dann speichert es ab, dass es generell wenig Beachtung bekommt und sich auf Menschen nicht verlassen kann. Urvertrauen dagegen sagt ihm: Ich bin okay und die anderen sind es auch.

Ich kann mich auf die Menschen in meiner Umgebung verlassen, und wenn ich etwas brauche, dann muss ich es sagen. Die anderen werden mir helfen, und wenn nicht, kann ich mir auch selbst helfen (vgl. Stefanie Stahl, Wer wir sind – Wie wir wahrnehmen, fühlen und lieben, München 2022).

Aber was ist mit denen, die das Gefühl nicht haben, die als kleines Kind in den zwei ersten Lebensjahren die Erfahrung machen mussten, dass die Eltern, aus welchen – meist verständlichen – Gründen auch immer, nicht in dem gebotenen Maße für das Kind präsent waren?

Als ich in diesem Alter war, hatte meine Mutter zwei Fehlgeburten. Darüber war sie nach eigenen Aussagen und denen meiner Tante eine ganze Weile sehr verzweifelt. Wie hat sich das auf mich ausgewirkt?

Ich weiß es nicht und kann es nur erahnen, aber wie auch immer – es gibt auf jeden Fall eine gute Nachricht: Man kann „als Erwachsener durch Selbstreflexion und die Aneignung neuer innerer Einstellungen und das Erlernen neuer Verhaltensweisen einen möglichen »Programmierschaden« ganz gut kompensieren“ (Stefanie Stahl).

Wie das geht?

 

Ich glaube, es hilft nur das Ausprobieren, Tun – oder Annehmen.
Beispiel? Normalerweise sind Eltern Vorbilder für ihre Kinder.

Am Samstagmorgen des 2. Dezember 2023 war es umgekehrt:

 

 

Da stieg unsere Tochter Ann-Kathrin am Kölner Bahnhof in einen ICE, der sie nach München zu dem ersten Besuch ihrer neugeborenen Nichte Amalia bringen sollte. Wir erinnern uns: Das war der Tag, als rund um München alles im Schnee-Chaos versunken war, einschließlich Hauptbahnhof.

 

 

Trotzdem kehrte sie nicht um, sondern vertraute darauf, dass sie schon irgendwie nach München kommen würde; mit der Bahn kam sie immerhin bis nach Ingolstadt. Dort holte sie ihr mutiger Bruder, eingebürgerter Voralpenländler, mit dem Auto ab, das er mühsam freigeschaufelt und auf schneebedeckten rutschigen Straßen zu ihr gesteuert hatte.

Musik die ich liebe • sanft und leise voller Vertrau'n

Abendlied

Sissy

....und auch ganz wunderbar geschrieben lieber Jürgen!! Deine Zeilen haben bei mir mehrere Male spontan ein inneres Nicken, Schmunzeln und/oder Nachsinnen ausgelöst... mit einem grossen Herzlicht von Sissy

Lipopo

Lieber Jürgen! Vielen Dank für deine wunderbare Musikauswahl!!!!

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